von Fridolin Rast
Ein Mann aus Glarus Nord, der sich als «Heiler» und als Handaufleger bezeichnete, wird auch vom Glarner Obergericht auf ganzer Linie verurteilt. Seine Schutzbehauptungen finden beim Gericht kein Gehör, seine Berufung gegen den Schuldspruch des Kantonsgerichts wegen des sexuellen Missbrauchs von drei Opfern wird abgewiesen.
Das Obergericht muss zwar die Strafe bei 28 Monaten belassen. Es lässt aber nicht zu, dass davon nur acht Monate unbedingt vollzogen werden. Und das Gericht erhöht deutlich die Genugtuungen für die drei Opfer. Am stärksten beim jüngsten, es war zur Tatzeit noch ein Kind und wurde laut dem Schuldspruch über längere Zeit wiederholt missbraucht.
«Erdrückende Indizien»
Für das Obergericht sind die Aussagen aller drei Opfer glaubwürdig und konstant, während der Beschuldigte sich in Widersprüche oder Ausflüchte verwickle und blosse Schutzbehauptungen liefere. Oder wie es eine der drei Opferanwältinnen an der Hauptverhandlung sagte: Er sei ein «Meister der faulen Ausreden».
Die Indizien im Fall der Frau, die zum Tatzeitpunkt 17-jährig war, sind für das Gericht «insgesamt erdrückend»: ihre Schilderung wenige Stunden nach dem Ereignis, der Nachweis von Schlafmittel in ihrem Blut von der Sorte, die beim Beschuldigten gefunden wurde, sowie besonders der Nachweis seiner DNA an den Schamlippen des Opfers. «Sie lassen schlicht keinen Raum für irgendwelche ‹in dubio pro reo›-Überlegungen.»
So, dass für das Gericht «nicht die geringsten Zweifel zurückbleiben». Dem Beschuldigten «hilflose Ausflüchte» zum DNA-Nachweis zu glauben, «wäre geradezu sach- und lebensfremd».
Der Verteidiger hatte die Schilderungen der ältesten Betroffenen mit einer sogenannten Heilungskrise zu entkräften versucht: Sie projiziere die Erinnerung an früher erlebte sexuelle Misshandlungen auf den Beschuldigten. Auch das ist für das Gericht nicht mehr als «ein eigenartiger und zugleich hilfloser Versuch einer Ausflucht», auf den die Vorinstanz zu Recht nicht eingegangen sei.
Gewissheit für ein Gesamtbild
Der Verteidiger hatte in der Verhandlung Indiz für Indiz oder «in Einzel-Optik» versucht, die angeklagten Taten respektive die Indizien zu entkräften. Dies sowohl bei Untersuchungsergebnissen aus dem Labor als auch bei den Schilderungen der Opfer. Es müsse der Grundsatz «in dubio pro reo» gelten, im Zweifel für den Angeklagten, so die Verteidigung. Denn das Kantonsgericht habe «auf einer insgesamt mangelhaften Beweislage ein tendenziöses Urteil verfasst».
Das Obergericht weist die Kritik am Urteil der Vorinstanz zurück. «Der Grundsatz verlangt, dass ein Sachverhalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstellt sein muss, damit er dem Beschuldigten zur Last gelegt werden kann. Bloss abstrakte oder theoretische Zweifel sind hingegen nicht massgebend.»
Ausführlicher Bericht in der Ausgabe vom Dienstag, 21. Juli.