Home Region Sport Agenda Schweiz/Ausland Magazin
Freizeit
29.09.2020
06.05.2022 15:11 Uhr

«Unser Thisiam ist ein richtiger Bulle geworden»

Elefantenflüsterer: Franco Knie senior ist froh, dass er den  schüchternen Bullen Thisiam nie aufgegeben hat. (Bild: Markus Timo Rüegg)
Elefantenflüsterer: Franco Knie senior ist froh, dass er den schüchternen Bullen Thisiam nie aufgegeben hat. (Bild: Markus Timo Rüegg) Bild: Markus Timo Rüegg
Ein schüchterner Elefantenbulle kommt auf Touren: Seit Dickhäuter Thisiam im Kinderzoo Rapperswil einen Konkurrenten hat, scheint sein Interesse an den Weibchen erwacht. Franco Knie senior verrät amüsante Details zum Liebesakt der Schwergewichte.

Der holländische Elefantenbulle Mekong bringt Leben in Knies Kinderzoo. Mekong sollte dem schüchternen und 16 Jahre jüngeren Thisiam Nachhilfe in Sachen Paarung erteilen, was bisher gut geklappt hat. Die Ankunft des 38-jährigen Mekong habe bereits einiges bewirkt, sagt Franco Knie senior, Gesamtverantwortlicher des Rapperswiler Kinderzoos. Er schildert, wie bei Thisiam die Hormone verrückt spielen und warum auch Elefanten Schwangerschaftsgymnastik dringend brauchen.

Franco Knie, nach seiner Ankunft aus Holland musste der neue Elefantenbulle Mekong zunächst in Quarantäne. Weshalb?

Immer wenn ein Wildtier aus einem Zoo in ein anderes Land kommt, muss es zunächst in Quarantäne. Das hat mit der Corona-Pandemie nichts zu tun. Mekong ist ja aus Holland zu uns angereist. Mekong kam bei uns also zunächst 30 Tage ins abgetrennte Elefantenhaus mit einer Sandbox und viel Platz. Mit der Zeit wurde ihm etwas langweilig so alleine, doch wir haben versucht, ihn mit Hilfe der Pfleger spielerisch zu beschäftigen – zum Beispiel übers Waschen oder indem Futter versteckt wurde.

Wann wurde er zu den Weibchen ins Gehege gelassen?

Das war kurz nach jenem Monat in Quarantäne. Wir haben dies gruppenweise gemacht: Ein Teil der Elefantenweibchen kam zu Mekong, der andere Teil zu Thisiam ins Gehege. Bereits am dritten Tag hat Mekong gedeckt.

Haben Sie dies per Zufall gesehen oder wurde er videoüberwacht?

Wir hatten natürlich vermehrt ein Augenmerk auf ihn gerichtet. Auch die Zoobesucher haben es gesehen (schmunzelt). Eine Elefantenkuh hat er am gleichen Tag viermal gedeckt. Ein paar Tage später hat er dann noch eine andere Elefantendame gedeckt. Thisiam hat das natürlich mitbekommen.

Was hat das bei Thisiam ausgelöst?

Wenn Bullen decken, treiben sie die Weibchen in eine Ecke. Dabei gibt es Geräusche bei den Weibchen. Thisiam war aufmerksam und hat das gesehen und gehört. Das hat bei ihm sehr schnell die sogenannte Musth ausgelöst: eine Verhaltensänderung, in der ein Bulle ein Mehrfaches an Testosteron produziert und paarungsbereit ist. Es brachte sozusagen seine Hormone in Wallung. Thisiam war, seit er bei uns ist, nicht mehr in der Musth. Beide, Thisiam und Mekong, sind jetzt schon seit geraumer Zeit in dieser Phase. Thisiam ist jetzt ein richtiger Bulle.

Er hat dann seine ersten Paarungsversuche gestartet?

Genau, die hat er hinter sich. Er ist schon auf die ersten Weibchen aufgesprungen – allerdings hat er den Akt noch nicht, sagen wir, «bis zum Ende » ausgeführt (schmunzelt). Für ihn war das jedoch bereits ein riesengrosser Schritt. Das stimmt uns zuversichtlich, dass es mit ihm und dem Nachwuchszeugen noch klappen wird. Er ist ja bedeutend jünger als Mekong. Auch für die Zucht mit unseren Elefantenkühen ist er genetisch wichtig und interessant – wie auch Mekong.

Wie viele potenzielle Partnerinnen haben Thisiam und Mekong denn in der Elefantenherde in Rapperswil?

Da wir auch ältere Elefantenkühe haben, die theoretisch noch trächtig werden könnten, bei denen uns aber sozusagen die Zeit davonläuft, wollten wir einen erfahrenen Elefantenbullen. Als Partnerinnen infrage kommen sicher die Elefantendame Sandry und ihre sechsjährige Tochter Kalaya. Letztere ist zwar noch relativ jung, hat aber schon ein paarmal einen Zyklus durchlebt. Hinzu kommen noch zwei weitere Elefantenkühe: Rani und MaPalaj. Insgesamt sind es also vier.

Wer sich für welches Weibchen entscheidet, überlässt man den beiden Bullen?

Schön wäre, wenn Mekong jetzt Sandry decken würde und Thisiam später Kalaya. Das wäre ein Sechser im Lotto! Tatsächlich ist Thisiam im Moment eher an Kalaya interessiert und Mekong eher an deren Mutter Sandry. Elefanten haben Sympathien für einen potenziellen Partner oder nicht – das ist wie bei uns Menschen. Wenn wir nicht sehen, welcher Bulle eine Elefantenkuh gedeckt hat und es kommt zu einer Schwangerschaft, müsste man einen Vaterschaftstest machen. Für uns als Zoo ist es eine wichtige Information, zu wissen, aus welcher genetischen Linie ein Junges kommt. Dies, um später Inzucht zu vermeiden.

«Elefanten haben Sympathien für einen potenziellen Partner oder nicht – genau wie bei uns Menschen. Wenn wir nicht sehen, welcher Bulle eine Elefantenkuh gedeckt hat, müsste man einen Vaterschaftstest machen. Dies, um später Inzucht zu vermeiden.»
Franco Knie

Ziehen sich Elefanten zur Paarung eigentlich zurück?

Es passiert, wo es passiert. Ein Beispiel: Der Vater von Thisiam, Siam, war ja bei uns im Zirkus. Mein Vater hat damals mit ihm gearbeitet. Einmal warteten die Elefanten vor einem Auftritt alle in einer Reihe hinter dem Zelt. Als der Auftritt in der Manege bevorstand, ist Siam auf eine Elefantendame aufgesprungen. Mein Vater eilte daraufhin zum Kapellmeister und rief ihm zu, er möge doch noch etwas länger spielen als geplant. Bei den Elefanten geht der Akt relativ zügig vonstatten, wir sprechen da von einer bis anderthalb Minuten. Alle mussten also kurz warten, bis Siam fertig war (schmunzelt).

Elefanten lassen sich dabei durch nichts aus der Ruhe bringen?

Nein, definitiv nicht. Wir haben zu jener Zeit ähnliche Situationen erlebt, als wir mit den Elefanten vom Zirkusplatz zum Bahnhof gelaufen sind, um die Tiere dort zu verladen. Einmal mussten wir mitten auf der Strasse anhalten, weil zwei Elefanten ein Schäferstündchen abhalten wollten. Es blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten. Auch hupende Autos konnten daran nichts ändern.

Ändert sich das Verhalten der Elefantenweibchen, wenn sie trächtig sind?

Der Charakter verändert sich, doch das spüren nur wir Pfleger. Die Weibchen bleiben aber ganz normal in ihrer Herde. Und zum Schluss macht man mit ihnen Schwangerschaftsgymnastik.

«Einmal mussten wir mitten auf der Strasse anhalten, weil zwei Elefanten ein Schäferstündchen abhalten wollten. Es blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten. Auch hupende Autos konnten daran nichts ändern.»
Franco Knie

Kein Scherz?

Nein. Mit viel Bewegung, der Körper wird durchgestreckt, und so weiter. Wir machen das spielerisch, doch es ist wichtig. Denn das Muttertier muss für die Geburt fit sein, das ist ein Kraftakt.

Wagen Sie eine Prognose? Wann gibt es im Kinderzoo wieder ein Elefantenbaby?

Eine Prognose machen wir erst, wenn ein Elefantenweibchen schwanger ist. Bei Kalaya habe ich es genau «gepreicht», es war der 1. November 2014. Dass ich auf den richtigen Tag gesetzt hatte, war jedoch purer Zufall. Es war just am Tag, nachdem wir den Zoo geschlossen hatten. Diese Ruhe hat die werdende Mutter wohl gespürt.

Vollständiges Interview im «March-Anzeiger» und «Höfner Volksblatt» zu lesen.

Noch kein Abo?

Ramona Nock, Linth-Zeitung
Demnächst