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Galgenen
24.10.2020
06.05.2022 15:34 Uhr

Ein bisschen Selbstwertgefühl zurück

Als Manuela Mächler an Brustkrebs erkrankte, hatte sie sich als Perückenberaterin schon längst einen Namen gemacht. (Bild: Silvia Gisler)
Als Manuela Mächler an Brustkrebs erkrankte, hatte sie sich als Perückenberaterin schon längst einen Namen gemacht. (Bild: Silvia Gisler) Bild: Silvia Gisler
Seit Jahren ist Manuela Mächler in der Region DIE Expertin für Haarersatz. Doch was viele nicht wissen: Erst ihre eigene Krebserkrankung liess sie noch besser verstehen, wie sich ihre Kundinnen fühlen.

Manuela Mächlers Augen strahlen voller Lebensfreude, als sie mich in ihrem Coiffeurgeschäft in Galgenen empfängt. Ihr Lächeln lässt keinen Zweifel daran, dass sie glücklich ist und es ihr gutgeht. Wäre das Treffen vor acht Jahren gewesen, hätte man die 53-Jährige wohl nicht erkannt. Damals befand sich die Galgenerin nämlich mitten im Kampf gegen den Brustkrebs. Statt der wunderschönen Naturlocken trug sie eine Perücke aus langem, geradem Kunsthaar. Ihr Lachen war allerhöchstens gute Miene zum bösen Spiel.

Diagnose war ein Schock

Heute spricht Manuela Mächler offen, ehrlich und gefasst über ihre Krebsvergangenheit. Sie erinnert sich, wie sehr ihr die Diagnose den Boden unter den Füssen weggezogen hatte. «Zuerst realisierte ich gar nicht richtig, was mir der Arzt mitteilte. Ich hörte einfach zu. Erst als ich aus dem Spital hinaus lief, brachen die Tränen aus mir heraus. Es war ein Schock.» Aber auch die Tage im Spital hatten ihr arg zugesetzt. Und als sie eines Morgens «büschelweise» Haare in den Händen hielt, war es psychisch noch viel schlimmer für sie. «Für mich ist eine Welt zusammengebrochen», sagt sie.

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«Zu Beginn der Chemo habe ich oft schlecht geträumt und mir in der Nacht an die Haare gefasst, um zu sehen, ob sie schon ausfallen.» Als es soweit war, hat sich die Coiffeuse zuhause alle Haare abrasiert. «Ich habe wie ein kleines Kind geweint. » Und obschon sie vom kompletten Haarausfall wusste, erkannte sie erst da, wie schlimm dieses Gefühl wirklich ist. 

Zwischen Tod und Leben

Rund ein Jahr lang trug die damals Mit-Vierzigerin Perücke. Noch länger, nämlich fünf Jahre musste sie Medikamente nehmen. Obwohl sie diese inzwischen absetzen konnte, gilt sie noch nicht als geheilt. «Erst nach zehn Jahren», sagt sie. Dementsprechend wird sie noch bis im Jahr 2022 halbjährlich zur Kontrolle gehen. Dies jeweils mit einem mulmigen Gefühl im Magen, wie sie selber sagt. Sie weiss, dass Brustkrebs nicht immer ein gutes Ende nimmt. «Meine Tante starb ein Jahr nach der Diagnose.» Ihre Cousine hat den Kampf gewonnen. Sie war es denn auch, die Manuela Mächler vor rund 15 Jahren dazu brachte, sich auf Haarersatz zu spezialisieren. Lange vor der eigenen Erkrankung.

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Eine Koryphäe auf dem Gebiet

Inzwischen ist die Coiffeuse eine der bekanntesten Perückenanbieterinnen der Region – und wird sogar vom Spital Lachen empfohlen. Entsprechend kommen ihre Kundinnen von weit her, um von ihr beraten und betreut zu werden. Doch was ist denn heutzutage am meisten gefragt? «Zwischen 90 und 98 Prozent der Frauen entscheiden sich für eine Kunsthaarperücke», so Mächler. Diese sei bedeutend günstiger und einfacher in der Pflege als eine Echthaarperücke.

Und was wünschen sich die Frauen für ein Modell? Möglichst bunt, auffallend und anders als normal? «Nein. In den meisten Fällen suchen sie sich eine Perücke aus, die ihren Naturhaaren am ähnlichsten ist», so Mächler. Das falle weniger auf und hält zumindest ein paar starrende Blicke fern.

Gerade wegen ihrer eigenen Erfahrung mit Brustkrebs weiss Manuela Mächler genau, wie sehr der Verlust der eigenen Haare in dieser sonst schon schweren Zeit zusetzt. «Die Perücke bringt den Frauen ein bisschen Selbstwertgefühl und manchmal sogar ein Lächeln zurück.» Und obschon es den Frauen nach dem Besuch bei ihr gesundheitlich nicht bessergehe, wirken sie irgendwie zufrieden und viel selbstbewusster, wenn sie sich verabschieden.

Silvia Gisler, Redaktion March24 und Höfe24