Home Region Sport Agenda Schweiz/Ausland Magazin
Lachen
17.12.2020

Hohe Strafe für zwei Ärzte wegen fahrlässiger Tötung

Der Assistenzarzt, der den 46-jährigen Höfner im Jahr 2016 behandelte, beging Behandlungsfehler – mit tödlichen Folgen. (Bild: Anouk Arbenz)
Der Assistenzarzt, der den 46-jährigen Höfner im Jahr 2016 behandelte, beging Behandlungsfehler – mit tödlichen Folgen. (Bild: Anouk Arbenz) Bild: Anouk Arbenz
Zwei Ärzte des Spitals Lachen sind von der Staatsanwaltschaft der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden worden. Diese kommt zum Schluss: Der Tod eines 46-Jährigen im Jahr 2016 hätte verhindert werden können.

Die tragische Geschichte, die dieses Jahr mit der Sprechung von Geldstrafen ihr Ende fand, begann am 24. Januar 2016. Der 46-Jährige, um den es in dieser Geschichte geht, wurde morgens um 3 Uhr wegen Schmerzen hinter dem Brustbein und einem Fremdkörper­gefühl im Rachen aus dem Schlaf gerissen. «Es kam wellenartig mit jedem Atem», beschrieb der Schindellegler später in der Notaufnahme des Spitals Lachen die Symptome. Weiter schilderte er dem 38-jährigen Assistenzarzt, der ihn behandelte, dass er seit etwa zwei Wochen unter einem Infekt mit anfänglich trockenem Husten leide.

Der Assistenzarzt führte daraufhin eine Blutdruckmessung durch, veranlasste ein Röntgenbild des Brustkorbs, eine Herzstromkurvenableitung sowie eine Blutuntersuchung. Aufgrund seines hohen Blutdrucks und der unauffälligen Ergebnisse ging der Assistenzarzt von Bluthochdruck und einem viralen Infekt der Atemwege aus. Zudem diagnostizierte er beim Mann eine Niereninsuffizienz. Er gab ihm ein Medikament zur Senkung des Blutdrucks und eines zur Unterstützung von Schmerzmitteln.

Dem Oberarzt fällt auch nichts auf

Der 38-Jährige rapportierte seine Befunde und die Diagnose ca. 45 Minuten später seinem Vorgesetzten, dem 34-jährigen Oberarzt im Bereich innere Medizin. Der Assistenzarzt war der Meinung, dass der Oberarzt sich den Patienten selber nicht mehr anschauen müsse und schlug vor, den Höfner nach Hause zu schicken. Der Oberarzt stellte keine weiteren Fragen. Daraufhin verfasste der Assistenzarzt den Notfallbericht und entliess den 46-Jährigen rund eine Stunde und 15 Minuten nach Ankunft in der Notfallaufnahme wieder nach Hause.

Zwei Tage später, am 26. Januar, visierte der Oberarzt den Notfallbericht. Selbentags wurde der Schindellegler in seiner Hausarzt­praxis in Wädenswil vorstellig. Den Notfallbericht aus dem Spital hatte diese per Fax erhalten. Doch auch dort dachte man nicht daran, weitere Abklärungen vorzunehmen. Am 29. Januar um 10 Uhr morgens starb der 46-Jährige bei sich Zuhause in Schindellegi infolge eines Herzinfarkts. Das Tragischste daran: Sein Tod hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden können. Was war falsch gelaufen?

Falsche Diagnose gestellt

«Basierend auf den vom Patienten geschilderten Symptomen war die wahrscheinlichste Ursache eine Lungenembolie oder ein akutes Koronarsyndrom, worunter die instabile Angina pectoris und die beiden Hauptformen des Herzinfarkts fallen», schreibt die Staatsanwaltschaft des Bezirks March in ihrem Bericht. «Die ärztliche Sorgfaltspflicht gebietet es, unter anderem gestützt auf die Empfehlungen der europäischen Gesellschaft für Kardiologie, bei einem Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom drei bis sechs Stunden nach der ersten unauffälligen Untersuchung eine zweite Troponinbestimmung und ein zweites EKG durchzuführen.» Weiter ist man überzeugt, dass der Patient alleine aufgrund der deutlich erhöhten Blutdruckwerte (185/ 110 mmHg) hätte hospitalisiert werden müssen und «erst nach Ausschluss einer kardialen Ursache entlassen werden dürfen». Zudem wäre bei länger als sechs Stunden anhaltenden Brustschmerzen eine Ergometrie (Sport-Test), ein 24-Stunden-EKG und eine Ultraschalluntersuchung des Herzens durchzuführen gewesen. «Eine Entlassung hätte frühestens am nächsten Tag in Betracht gezogen werden dürfen.»

Der 38-jährige Arzt verfügt über mehrere Jahre Erfahrung als Rettungssanitäter und Assistenzarzt und hätte die Diagnose «akutes Koronarsyndrom» stellen und eine zweite Troponin-Bestimmung durchführen müssen. Bei dem Patienten habe zu diesem Zeitpunkt zumindest eine bereits instabile «Herzenge» bestanden, sagt die Staatsanwaltschaft. Sie bestraft den Deutschen zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen zu 340 (54 400) Fr. bei einer Probezeit von zwei Jahren, hinzu kommen Verfahrenskosten und Auslagen von total 9893,15 Franken. Der 34-jährige Oberarzt, ebenfalls ein Deutscher, muss 120 Tagessätze zu 470 Fr. (56 400 Franken) auf Probe bezahlen. Hinzu kommen Verfahrenskosten und Auslagen von total 10 363,85 Franken.

Anouk Arbenz, Redaktion March24 & Höfe24