«Ich habe meine Lebensgeschichte aufgeschrieben, um jungen Leuten zu beweisen, dass man auch ohne Matura im Leben etwas erreichen kann und um sie zu ermuntern, mit etwas Abenteuerlust das Gleiche zu tun.» So antwortet Hans Faust (Jahrgang 1941), der kürzlich mit dem zweiten Preis des Schweizer Autobiografie- Awards ausgezeichnet wurde, auf die Frage, weshalb er überhaupt seine Autobiografie geschrieben habe.
Wie damals in Lachen gelebt wurde
Faust lebt seit 1981 in Genf, wo er für die WHO, Unicef und die UNO arbeitete. Seine Jugend verbrachte er jedoch in Lachen. Insbesondere in seinem Kapitel 3 «Unser Haus» wartet er mit zahlreichen Fotos auf, wie es damals in Lachen aussah, aber auch, wie damals gelebt wurde. Liebevoll und bis ins letzte Detail beschreibt er in diesem Kapitel die damalige Zeit, zum Beispiel, wie Wäsche gewaschen wurde: «Einmal im Monat war Waschtag. An diesem Tag kam jedes Mal Frau Bürgi, um meiner Mutter zu helfen. Manchmal kam auch ihre Tochter Rösli, um auf uns Kinder aufzupassen ... Da mein Vater ja nur jeden Samstag ein Bad nahm, war es nicht übertrieben, die Leintücher zu kochen, sonst wären sie ja nie weiss geworden.»
Auch andere Erinnerungsstücke, wie die eigene «Butterfabrikation» oder die Einkäufe in einer Zeit ohne Grossverteiler, faszinieren: «Meine Mutter kaufte jeden Tag eineinhalb Liter frische Milch direkt vom Milchmann. Dieser machte seinen Direktverkauf auf der Strasse vor dem Haus und war immer mit Ross und Wagen unterwegs. Die Kunden mussten einen Milchkessel mitbringen, und dann holte er mit einem Litermass die Milch aus einer der mitgeführten Tausen (Schweizer Volumenmass für Flüssigkeiten) und schüttete sie in das mitgebrachte Gefäss... Die akribischen Schilderungen des Autors wurden belohnt und von Christine Loetscher, Professorin am Institut für Sozialanthropologie und Empirische Kulturwissenschaft der Universität Zürich, in ihrer Laudatio gewürdigt:
Hans Faust kann auf ein wahrhaft abenteuerliches Leben zurückblicken. Und er versteht sich darauf, seine von reichen Erfahrungen und sinnlichen Details nur so flirrenden Erinnerungen lebendig zu machen. Als kleiner Junge faszinierte ihn zum Beispiel das Pedoskop, ein längst verschwundener Röntgenapparat, der in Schuhgeschäften zum Einsatz kam, um die Schuhgrösse mit den Fussknochen abzugleichen. Obwohl Faust bei der Berufswahl nichts mitzureden hatte – der Vater, selbst Spenglermeister, schickte ihn in eine Spenglerlehre – nahm er sein Leben schon früh selbst in die Hand. Vor allem zieht es ihn in die Ferne. Er arbeitet unter anderem in Ruanda, Indonesien, Brasilien und auf den Philippinen, bevor er sich als Mitarbeiter der WHO/Unicef in Genf niederlässt.