von Heidi Peruzzo
Die schwarz-weisse Reiherente mit der kecken schwarzen Federhaube auf dem Kopf zählt zu den sogenannten Tauch-enten und ernährt sich von Wandermuscheln und Wasserpflanzen. Auf der Suche nach eisfreien Gewässern halten sich über den Winter bis zu 100 000 Reiherenten aus dem Norden in der Schweiz auf. Zurzeit lassen sich, auch für den Laien, auffällig viele Wasservögel auf dem Zürichsee ausmachen.
«Solche Ansammlungen haben vermutlich mit dem Nahrungsangebot zu tun», erklärt der Ornithologe Livio Rey von der Vogelwarte Sempach. «Durch Störungen können sich die grossen Vogelschwärme aber in kurzer Zeit in ein anderes Gebiet oder auf einen anderen See verschieben». Solche Störungen werden von Menschen ausgelöst, was in einem dicht besiedelten Gebiet kaum zu vermeiden ist. Dazu gehören Ruderboote oder Stand-up-Paddler, die bei den milden Wintertemperaturen vermehrt anzutreffen sind. Der Bestand der überwinternden Wasservögel hat schweizweit in den letzten 20 Jahren um einen Viertel abgenommen, von 400' 000 auf 300' 000.
Weniger als im letzten Jahr
Das bestätigt auch der Ornithologe Leo Hüppin aus Wangen. Jährlich im November und Januar koordiniert die Vogelwarte Sempach eine Wasservogelzählung. «Im Gebiet zwischen Altendorf, Frauenwinkel und dem Dreiländereck auf dem Seedamm konnten wir kürzlich insgesamt 1235 Exemplare zählen, davon etwa 17 verschiedene Arten», berichtet Hüppin. Im letzten Jahr waren es 26 Vögel mehr.
«Bei einer solchen Zählung wird ein kleiner Sektor ausgezählt und dann auf die Fläche hochgerechnet», erklärt Fritz Hofer vom Vogelschutzverein Kohlmeise. «Vor der Ufnau konnte ich diesen Januar auf einem kleinen Fleck über 200 Haubentaucher ausmachen.»
Reiherente 8100 km weit gezogen
In den 80er-Jahren wurden über 200' 000 Reiherenten gezählt, seit Ende der 90er-Jahre halbierte sich deren Anzahl. Als Gründe dafür nennt Rey die besser werdende Wasserqualität, die die Ausbreitung der Wandermuschel eindämmte. Ein weiterer Faktor ist die Klimaerwärmung: Da durch die milden Temperaturen immer mehr nördliche Seen eisfrei bleiben, müssen die Vögel nicht mehr ausweichen. Reiherenten sind auch beeindruckende Zugvögel: Ein in der Schweiz beringtes Weibchen wurde 8100 km entfernt, im Osten von Russland, von einem Jäger geschossen. Dieser hat eine Ringfundmeldung an die Vogelwarte Sempach gemacht.
Die auffällige Kolbenente mit dem orangen Kopf und dem roten Schnabel kommt aus dem Süden. Bis in die 90er-Jahre hatte es nur ganz wenige Brutpaare in der Schweiz. Heute brüten zwischen 200 und 300 Paare in der Schweiz, im Winter werden etwa 30' 000 Tiere gezählt. «Insbesondere die Kolbenente profitiert im Gegensatz zu den Reiherenten sehr stark von den sauberen Gewässern, da ihre Hauptnahrung, die Armleuchteralgen, zum Wachstum sauberes Wasser benötigen», weiss Rey zu berichten.